Ist es normal, dass ich mich nach der Trennung so haltlos und abhängig fühle? Warum auch selbständige Frauen das Gleichgewicht verlieren. Woran wir ungesunde Bindungsmuster erkennen. Und was wir tun können.
Wenn du dich immer für eine selbständige Frau gehalten hast in deiner Beziehung, ist es für dich vielleicht ein Schock: Warum um alles in der Welt fühle ich mich nach der Trennung plötzlich so haltlos? Sogar richtiggehend abhängig von meinem Partner?
Viele Frauen kommen zu mir und fragen sich, ob das noch normal ist, was sie jetzt an Gefühls-Extremen durchmachen, oder ob ihnen gerade klar wird, dass sie ein ernsthaftes Problem mit ihren Bindungsmustern haben. Andere sagen mir von Anfang an ganz klar: "Ich leide unter Verlustangst, und jetzt bricht sie voll durch."
Warum wir (alle) erstmal das Gleichgewicht verlieren
Ich möchte dir erst einmal klar sagen: Dass du jetzt tief erschüttert bist, heisst nicht, dass du eine unselbständige Frau bist! Das muss auch nicht heissen, dass etwas mit dir nicht stimmt. Denn:
Verluste schmerzen, uns zwar höllisch. Und ja, sie machen erstmal Angst. Uns allen. Aber könntest du das in einer so grossen Krise nicht mehr fühlen, dann müsstest du dir ernsthaft Sorgen machen
Dein Schmerz zeigt zuallererst einfach, dass du ein lebendiger Mensch bist, der zu angemessenen Gefühlen fähig ist. Er zeigt zudem, dass du ein Mensch bist, der sich auf eine Beziehung einlassen kann. Denn du hast offenbar auf das Gemeinsame gebaut. Du hast dich damit ein Stück weit fallen lassen, hast auf Schutzmauern verzichtet. Dem sagt man auch: Vertrauen. Denn echte Beziehung erfordert ein Sich-Einlassen. Nähe zulassen. Und sich damit immer auch, sich verletzlich machen: Wirkliche Nähe ist ohne Verletzlichkeit nicht zu haben.
Beziehung verändert deshalb bis zu einem gewissen Grad uns und unsere Identität, weil wir uns einlassen. Auch wenn diese Erkenntnis bei der Trennung sehr schmerzhaft sein kann. So war ich selbst immer ein freiheitsliebender und, wie ich dachte, sehr eigenständiger Mensch. Und doch fühlte ich mich nach der Trennung wie im freien Fall: So vieles, was ich war und mich ausmachte, war, wie sich jetzt zeigte, auf dieser Beziehung aufgebaut und mittlerweile in sie eingewoben. Und zwar nicht nur, weil der andere da war, Freuden und Sorgen und viel (guten) Alltag mit mir teilte. Nein, die Beziehung war der Ort, wo ich mich sicher und geborgen fühle. Sie definierte mittlerweile stark mit, wie ich mich sah und wer ich in mienem Leben war. Das wurde mir erst in der Trennuhng mit voller Wucht bewusst.
Kein Wunder stellt sich da nach der Trennung ein Gefühl des Verlassenseins ein, das weit mehr als die physische und alltägliche Abwesenheit des andern ist. Es fühlt sich an wie ein ganz existenzielles Verlassensein und Haltlosigkeit.
Du kannst dir das so vorstellen:
Wer sich ernsthaft auf eine Beziehung einlässt, entwickelt eine neue Balance zusammen mit dem Partner. Geht der Partner, geraten wir erstmal aus unserem Gleichgewicht. So als müssten wir plötzlich auf einem Bein stehen.
Es fühlt sich deshalb an, als könnten wir alleine nicht stehen, uns ohne den Andern nicht auf den Beinen halten. Das ist – normal und sehr menschlich. Aber es stellt uns vor die Aufgabe, uns neu einzumitten. Wieder zu entdecken, dass wir selbst zwei Beine haben. Dass wir, wortwörtlich, selbstständig sind. Auch wenn wir uns an andere anlehnen dürfen, wenn wir das wollen, stehen können wir wieder allein.
Geht es um mehr? Wie sich Verlustangst zeigt
Es gibt aber auch Frauen, die jetzt spüren, es geht da um mehr. Da ist ein Gefühl des Verlassenseins, das geht tiefer und es ist älter. Daran können wir Verlustangst oft am besten erkennen: Sie ist schmerzhaft vertraut. Sie war während der Beziehung bereits da, vor der Beziehung, in früheren Beziehungen. Ja, sie begletiet uns vielleicht schon von klein auf oder seit jungen Jahren. Sie schient nur zu warten, um uns einzuholen. Es kann auch sein, dass du jetzt feststellst, dass dich das in Beziehungen dazu verleitet hat, zu viel zu geben, keine Grenzen zu setzen, alles zu geben, Respektlosigkeiten wegzustezecken. In der Überzeugung, dass du dafür kämpfen und viel dafür tun musst, damit der andere bleibt. Und dass du es nicht überstehen könntest, wenn er dich verlässt.
Verlustangst nährt sich, sehr vereinfacht gesagt, aus der Überzeugung, dass wir alleine nicht für uns sorgen können und verloren sind.
Das macht uns abhängig von anderen und ihrer Gunst. Es kann uns auch misstrauisch machen, eifersüchtig und angstvoll. Oft mehr als einer Beziehung guttut. Und uns selbst sowieso! Denn um unser Selbstwertgefühl ist es dann oft nicht gut bestellt.
Dann ist eine Trennung besonders hart. Und doch ist gerade eine Trennung dann ein guter Moment, um zu sagen: Jetzt bin ich aus meiner Komfortzone gestossen und ich spüre, ich will jetzt etwas für mich tun. Um hier unabhängiger zu werden, um nicht aus Mangel, sondern aus einer Fülle heraus in Beziehungen gehen zu können. Dafür braucht es auch eine starke und tragende Beziehung zu dir selbst. Ein inneres Gleichgewicht, dass dir wieder ermöglicht, aufs Leben und auf andere zuzugehen. Dir selber zu vertrauen und dir das Leben zuzutrauen. Das heisst nicht, dass wir keine anderen Menschen mehr brauchen. Aber dass wir nicht von einem bestimmten Menschen abhängig sind. Es ist Selbst-Vertrauen im wortwörtlichen Sinn.
Dich erkennen und begleiten lernen
Es geht dann darum, diese schmerzhaften Trigger zu erkennen, wenn wir uns verlassen fühlen, und einen neuen fürsorglichen Umgang mit ihnen zu lernen, um nicht in die alten Fight-Flight-Freeze-Strategien zu verfallen, die uns vielleicht früher als einziger Weg zur Verfügung standen. Du kannst das heute, als erwachsene Frau mit all deiner Lebenserfahrung auch anders. Und es fühlt sich echt gut an, für dich selbst Verantwortung übernehmen zu können.
Ich begleite Frauen dabei zu klären, worum es bei dieser Trennung eigentlich geht, und worum nicht. Und was sie brauchen, um sich selbst wieder ganz zu fühlen, in sich vertrauen zu können. Meine Kundin Melanie (38) hat das so beschrieben:
«Ich wurde in der Beziehung oft abgelehnt und mein Selbstwert war down. Mein Partner hat mich dann auch verlassen und ich wusste nicht mehr, wer ich bin und was ich kann und hab mich selbst total verloren. Ich wusste nicht mehr weiter und hab im Internet nach "Hilfe" gesucht und bin dann auf das Coaching von Susanne gestoßen.
Ich habe nun endlich wieder zu mir selbst gefunden. Ich habe meine Komfortzone verlassen und wurde Stück für Stück selbstsicherer und weiss nun, wer ich bin und was ich will. Ich habe meine alten Beziehungen verarbeitet (sei es Partner oder auch Familie), habe mich mit meiner Verlustangst auseinandergesetzt. Meinen Job gekündigt und einen Neustart gemacht. Ich bin endlich Ich, mit all meinen Seiten.»
"Ich bin endlich Ich, mit all meinen Seiten." Das ist wunderschön ausgedrückt. Zu spüren, dass du selbst vollkommen und ganz bist, dass du dir vertrauen kannst, das beflügelt und beglückt. Wir werden belohnt für unsere Anstrengung, dorthin zu gelangen. Ich habe diese Erfahrung gemacht und erlebe das bei vielen Frauen wie Melanie.
Deine Ich-Zeit zu deiner Wachstumszeit machen
Worum geht es bei dir? Geht es darum, dich jetzt selbstfürsorgend durch den Schmerz zu begleiten, und diese Erfahrung gut für dich zu verarbeiten und einzuordnen?
Oder ist es der Moment, um schon seit langem belastende Beziehungsmuster anzuschauen und zu verändern?
Und was immer sich zeigt, von dort kannst du weitergehen. Aber so oder so ist meine Bitte an dich: Mach aus deiner Trennungszeit deine Ich-Zeit. Es kann jetzt nur um DICH gehen. Und das darf es auch. Mach für dich eine Zeit daraus, die eine Zeit des Wachsens wird. Dazu kann ich dich nur ermutigen. Damit du eines Tages sagen kannst, es war zwar nicht leicht, aber es hat sich alles gelohnt.
Du bist es wert!
Du formulierst die Dinge immer so so passend! Vielen lieben Dank dafür 🙏🏻🙏🏻🙏🏻🙏🏻LG Anette